Der Begriff Narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS) — und Narzissmus im Allgemeinen — ist vielen bekannt. Doch Wissenschaft und Forschung zeigen gerade in den letzten Jahren: Das Bild ist vielschichtiger geworden. Narzissmus ist keine einfache Schwarz‑Weiß‑Kategorie mehr, es gibt neue Einsichten über Ursachen, Erscheinungsformen und Auswirkungen.
Narzissmus ist komplex — und neuere Forschung zeigt, dass viele Annahmen über „den Narzissten“ überdacht werden sollten. Es gibt wichtige neue Erkenntnisse über Formen, Auswirkungen und Risiken. Hier eine Übersicht:
🔎 Aktuelle Studien aus Deutschland und zentrale Ergebnisse
- Narzisstische Wesenszüge und ihr Einfluss auf die psychotherapeutische Behandlung (2023, Universitätsklinikum Jena & Universität Münster)
→ In einer großen Studie mit über 2.000 Patient*innen zeigte sich: Bei Menschen mit stark narzisstischen Zügen wirkte eine Verhaltenstherapie deutlich weniger gut. Besonders relevant: Der Teilaspekt „Rivalitätsstreben“ beeinflusste den Therapieerfolg negativ. Link: Friedrich-Schiller-Universität Jena - Validation of the German Five-Factor Narcissism Inventory (FFNI) (2023)
→ Forscher:innen entwickelten eine moderne, deutsche Version des FFNI. Damit lässt sich Narzissmus besser und differenzierter messen — nicht mehr nur ein „alles-oder-nichts“-Bild, sondern mit mehreren Facetten: extravertiert/agentisch, antagonistisch und neurotisch. Link: tud.qucosa.de - Der talentierte Mr. Coach? – Eine empirische Untersuchung zu narzisstischer Grandiosität bei Coaches (2024, Springer‑Studie)
→ In dieser Studie wurden Daten von 559 Coaches mit denen der Normalbevölkerung verglichen. Ergebnis: Bei Coaches war die „Grandiosität“ (eine Form des Narzissmus) signifikant höher — das zeigt, dass bestimmte Berufe mit bestimmten Persönlichkeitsprofilen assoziiert sein können. Link: SpringerLink - Moderne Formen des Narzissmus – psychologische Befunde (Universität Bamberg – veröffentlicht 2019, aber weiterhin relevant)
→ Die Studie unterscheidet zwischen verschiedenen Typen von Narzissmus — etwa „agentisch“ vs. „kommunal“. Sie zeigt: Wer Narzissmus lebt, wird nicht immer gleich wahrgenommen — manche geraten durch arrogantes Verhalten schnell in soziale Isolation, andere täuschen Charme und Empathie vor, um Sympathie zu gewinnen. Link: Der Neue Wiesentbote
✅ Warum diese Erkenntnisse relevant sind
- Narzissmus ist nicht mehr nur eine einzige Form: Neue Messinstrumente und Studien zeigen, dass es mehrere Facetten gibt — grandios, verletzlich, neurotisch, manipulativ, etc.
- Nicht jeder Narzisst passt ins Klischee: Manche wirken charmant und sympathisch, andere sind offen dominant. Das hat große Bedeutung, wenn man Beziehungen, Verhalten oder therapeutische Prozesse versteht.
- Für Therapie und Prävention: Wenn Narzissmus erkannt wird, kann Therapie individuell angepasst werden — z. B. mit dem Fokus auf soziale Wahrnehmung und realistische Selbstreflexion.
- Für Alltag & Beziehungen: Das Wissen hilft, Warnsignale früh zu erkennen — ob im Job, in Freundschaften oder in Partnerschaften.
📚 Wo du dich weiter informieren kannst (Studien & Quellen)
| Studie / Quelle | Kurz & Wichtig |
|---|---|
| Narzisstische Wesenszüge … Jena / Münster (2023) | Auswirkungen narzisstischer Züge auf Psychotherapie |
| German FFNI Validierung (2023) | Modernes Messinstrument für Narzissmus mit deutscher Norm |
| Studie zu Coaches & Narzissmus (2024) | Zusammenhang zwischen Beruf und narzisstischen Merkmalen |
| Moderne Formen des Narzissmus – Bamberg (2019) | Unterschiedliche Narzissmus-Typen & soziale Wirkung |
💡 Mein Fazit: Narzissmus verstehen heißt differenzieren
Die neuesten deutschen Studien zeigen, dass Narzissmus vielschichtig und variabel ist — nicht alle „Narzisst*innen“ sehen gleich aus oder verhalten sich gleich. Für Betroffene und Angehörige ist es wichtig, nicht vorschnell zu urteilen, sondern zu beobachten, verstehen und — wenn nötig — Hilfe zu suchen.